In diesem Beitrag kommentiert Marcus Klöckner eine aktuelle Schlagzeile der Deutschen Welle, in der von einer Schule in Polen berichtet wurde, „wo 13- und 14-Jährige sich selbst bewaffnen mit Sturmgewehren und Pistolen, die ausgelegt auf den Tischen liegen – unter der Aufsicht der Schulleiterin“. Der Schusswaffenunterricht für Grundschüler sei zur Pflicht gemacht worden. Er fragt: „Wie tief ist Polen gesunken? Wie tief will dieses Europa noch sinken?“ Denn wenn Medien, wenn Politik, wenn die europäische Öffentlichkeit hinnehme, dass in einem EU-Mitgliedsland Schießunterricht für 13-Jährige Pflicht ist, stelle sich die Frage, wie es in anderen Ländern Europas weitergehen werde. Wir danken für die interessanten Leserbriefe, die wir hierzu erhalten haben. Es folgt nun eine Auswahl, zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief
Guten Tag,
zur Nachahmung keinesfalls empfohlen oder einfach nur abschreckend und widerlich. Das nationalistische und hochkatholische Polen verfällt dem Kriegswahn.
Kinder und Jugendliche, deren geistige und moralische Fähigkeiten noch nicht ausgebildet sind, militärisch an Waffen auszubilden und zum töten anzuleiten, ist um es ganz deutlich auszusprechen unmenschlich. Sind das die Werte, die es zu schützen gilt? Kriegstreiberei und Hass erzeugen, anstatt Friedensbereitschaft, ein gutes Miteinander und gegenseitige Akzeptanz. Scheinbar haben gerade die überwiegend, bisweilen fanatisch katholischen Polen den Spruch und die Bedeutung vergessen: ,, Wer nach dem Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen “. Der Krieg frisst seine ( deine und unsere ) Kinder.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Stöbe
2. Leserbrief
Lieber Marcus Klöckner,
ich frage vom Westend der Republik, ob es an der Uni in Frankfurt/Oder eine deutsch-polnische Filmtruppe gibt, die mal in jener Gegend den Film “Die Brücke” puschen könnte. Oder eine Ausstellung mit Fotos von Hitlerjungen und 15jährigen Volksstürmlern bei den letzten Gefechten.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf Göhring
3. Leserbrief
Herr Klöckner,
Sie sind wahrscheinlich in der BRD aufgewachsen.
Ich habe in der DDR in der 9.Klasse auch systematisch nicht nur das Fach Wehrerziehung (alle zwei Wochen eine Stunde) in der Schule gehabt, sondern auch am Ende der 9.Klasse (als 15jähriger) ein 14tägiges Wehrlager mit Uniform, Gleichschritt, Stubendurchgang und Wachdienst, an dessen Ende für jeden der scharfe Schuß mit der KK-MPi 69 stand, einer Kleinkaliberwaffe, die absichtlich an das Design der AK-47 angelehnt war, Jugendliche auf letztere vorbereitete und Berührungsängste abbaute. Während meiner dann an die 10.Klasse anschließenden Berufslehre schoß ich jährlich ebenfalls mit dieser Waffe. Erst danach wurde ich in die NVA eingezogen. (Und während des Studiums ging’s noch weiter …)
Ich vermute, das wird (abgesehen von der konkreten Waffe) damals in der Volksrepublik Polen nicht viel anders gewesen sein. Und ich gehe davon aus, daß man sich heute daran erinnert, auch wenn die Zeiten (und Gut und Böse) sich inzwischen ganz erheblich verändert haben. Behalten Sie zudem im Hinterkopf, daß gerade Polen ja längst schon sehr aktiv eine Militarisierung seiner Zivilgesellschaft vorantreibt, siehe hier:
- zeit.de/politik/ausland/2016-06/polen-verteidigung-russland-paramilitaer-freiwillige
- taz.de/Paramilitaerische-Gruppen-in-Polen/!5412371/
Daß dies selbstverständlich dem Friedensprojekt (und gleich noch Friedensnobelpreisträger) EU und ihren selbstdefinierten Werten (Flintenuschi: “global values”) zuwiderläuft, müssen wir nicht diskutieren.
T.M.
4. Leserbrief
Lieber Herr Klöckner,
Ihr Entsetzen an der Ausbildung polnischer Kinder an der Waffe ist sehr berechtigt. Polen sind aber nicht die ersten bei der Wehrkunde. Lettland war Vorreiter: Lettland: Schüler werden an der Waffe ausgebildet – Lett-landweit
Das ist mein Artikel zum Thema. Über die problematische Wirkung der baltischen Länder und Polens, genauer: ihrer von transatlantischer Ideologie durchdrungenen Regierungen, wird recht wenig berichtet. Baerbock flog im April 22 nach Riga, um von der Wehrhaftigkeit” der Balten zu “lernen”. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bezeichnete bei ihrem Besuch im gleichen Jahr die baltische Region als “Zentrum der Entscheidungsfindung”. Da muss man sich über die Abwendung von der Entspannungspolitik nicht mehr wundern, die an der Nato-Ostflanke als Appeasement diffamiert wird. Einige Wochen bevor Scholz die Zeitenwende verkündete, gab der damalige lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks der Bildzeitung ein Interview. Er belehrte die deutsche Gesellschaft, dass ihre “pazifistische Nachkriegsphilosophie” nicht mehr zeitgemäß sei. Auch darüber habe ich geschrieben :
Lettischer Verteidigungsminister Artis Pabriks kritisiert die “pazifistische Nachkriegsphilosophie der deutschen Gesellschaft” und fordert Wandel im deutschen Denken
Da muss man sich über den grassierenden Bellizismus in Europa nicht mehr wundern.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Bongartz
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Klöckner,
ich teile Ihre Auffassung: “Schulen haben eine Fürsorgepflicht. Schulen sollen für Kinder und Jugendliche ein geschützter Ort sein. Kriegspropaganda hat an ihnen nichts zu suchen. Kein Kind der Welt sollte militärisch indoktriniert oder gar im Umgang mit der Waffe geschult werden.
Sie teilen offensichtlich auch die Auffassung, dass dieser Grundsatz ubiquitäre Gültigkeit haben muss. Vor diesem Hintergrund: Ihnen ist sicher bekannt, dass die “militärische Formung” von Kindern und Jugendlichen weit tiefer in der russischen Gesellschaft verankert. Was halten Sie von dem Unterrichtsmodul “Grundlagen der militärischen Ausbildung” an russischen Schulen? Was halten Sie davon, wenn kriegserfahrene russische Offiziere den Schülern “Krieg” erklären? Was meinen Sie zu Sommercamps, in denen Jugendliche den Umgang mit der Waffe lernen? Was halten Sie von vaterländischen Werbeplakaten (so gesehen in St. Petersburg), in denen der Kriegsdienst als “rühmlicher Dienst am Vaterland” gefeiert wird?
Diese Beispiele relativieren in keiner Weise das, was Sie in Ihrem Beitrag zu Recht kritisch anmerken, sie gehören aber m. E. zwingend zum Bewertungskontext. Was mich stört, ist die unpassende Einseitigkeit der Wahrnehmung und des Urteils.
Beste Grüße
Thomas Schaefers
6. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Klöckner, geschätztes NDS-Team,
und die Geschichte wiederholt sich doch!
Man selbst hatte gerade noch im März 1945 den Vater, der seit Oktober 1939 dabei war, durch einen Volltreffer der eigenen Artillerie – Kollateralschaden hieße das heute – auf “dem Felde der Ehre” verloren, als einen die Polizei zwecks Akquirierung zum Volkssturm noch abholen wollte, dem man sich auf Geheiß der Mutter durch Flucht in den nahe gelegenen Wald entziehen konnte. Bald danach kamen dann zunächst die Amis und dann die Russen. Das war in Thüringen. Später, wieder in Berlin, war neben vielen beliebten Spielplätzen in Ruinen die Reichstagsruine der beliebteste und interessanteste. Nun ist man allerdings der Auffassung, daß nach einem vom Unwertewesten provozierten nuklearen Armageddon weder Spuren von einem Reichstag noch von Kindern übrig bleiben werden. Die hier ohne jeden Sinn und Verstand praktizierte allen Wohlstand und jede Prosperität vernichtende Hochrüstung mit der das Volk verblödenden Propaganda sich gegen einen russischen Angriff verteidigen zu müssen, was jeder nachhaltig belegbaren Grundlage entbehrt, wird vom Unterzeichnenden mit den noch persönlichen traumatischen Kriegserfahrungen als das interpretiert, wie es vermutlich auch “Der Russe” tun wird und muß. Nämlich daß hier so etwas wie ein Unternehmen Barbarossa II geplant wird, wozu man sich aber, wie ja allgemein bekannt gegeben wird, erst ab 2028 als genügend hochgerüstet ansieht. Ob aber nun “Der Russe” so lange abwarten wird, oder doch quasi aus nachvollziehbarem Selbsterhaltungstrieb einschlägige Präventivmaßnahmen in Betracht ziehen könnte, geht offensichtlich den als skrupellos wahrgenommenen Verantwortlichen hier total am Dingsda vorbei. Bekanntlich hat doch Blackrock-Merz, der vermutlich zukünftige Kanzler, bereits schon den Einsatz von Taurus-Raketen gegen Rußland zugesagt – mene, mene tekel upharsin!
Hinweis: sieht man sich einmal mithilfe des Gebrauchs des gesunden Menschenverstandes und des rar gewordenen selber Denkens die Landkarte an, muß man zwangsläufig gewahr werden, daß Rußland von der NATO und nicht die NATO von Rußland umzingelt ist.
Bester Gruß
Hartmut Wohler
7. Leserbrief
Sehr geehrte Redaktion der Nachdenkseiten.
Ich habe soeben den Artikel von Herrn Markus Klöckner „13-Jährige mit dem Sturmgewehr: Im EU-Mitgliedsland Polen steht Schießtraining auf dem Stundenplan“ gelesen und möchte mich kurz dazu äußern.
Polen hatte bereits früher als EU-Land das Schulfach „Abwehrvorbereitung“ (przysposobienie obronne), welches in den Schulklassen VII-VIII und später auch teils in Hochschulen unterrichtet wurde. Dieses wurde im Jahr 2012 aus dem Schulprogramm genommen und im Schuljahr 2022/2023 teils (inkl. Schießübungen) wieder eingeführt (siehe Links unten)
Ihr Artikel versucht dem Leser anzudeuten, dass in Polen Kindersoldaten mit EU-Geldern herangezüchtet werden.
Gleichzeitig kommt hier die klassische Cancel-Keule zum Einsatz indem die Frage offen in den Raum gestellt wird, ob man ein solches Land dafür noch mit EU-Geldern unterstützen dürfe.
Haben Sie sich im Vorfeld darüber informiert, wie die Wiederaufnahme des Fachs in Polen aufgenommen wurde ? Ist es die Art des Journalismus nach „Correctiv-Art“, dass eine über 2 Jahre bekannte Tatsache der Wiedereinführung des Fachs als neue Nachricht zu veröffentlichen ausgerechnet dann, wenn es einem passt, um eine empörende Schlagzeile zu generieren ?
Bitte bemühen Sie die automatisierte Übersetzung:
- pl.wikipedia.org/wiki/Przysposobienie_obronne
- samorzad.pap.pl/kategoria/edukacja/czarnek-od-1-wrzesnia-do-szkol-wroci-przysposobienie-obronne
- serwisy.gazetaprawna.pl/edukacja/artykuly/8382080,przysposobienie-obronne-czarnek-szkoly-od-kiedy.html
Ich möchte mich nicht dazu positionieren, ob ich die Position der polnischen Regierung befürworte oder nicht, sondern aufzeigen, wie schlecht dieser Artikel recherchiert ist und hier die Grenzen einer neutralen und sachlichen Berichterstattung längst überschritten sind. Ich finde es beschämend, wie hier mit einem moralischen Zeigefinger auf ein anderes Land gezeigt wird anstatt hier sachlich und neutral darüber zu berichten.
Viel mehr als Aktivismus und plumpe Propaganda ist dieser Artikel nicht. Ich hätte mir gewünscht, der Autor hätte sich etwas mehr Mühe bei der Recherche gemacht und wünsche ihm Mut und Sachlichkeit zur Korrektur bzw. zur Gegendarstellung.
Mit freundlichen Grüßen
H. K.
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