„Die 100“: Schwere Manipulation bei ARD-Sendung?

Geschrieben am 18.09.2024
von Tobias Riegel

Eine ARD-Sendung von Montag fiel bereits durch eine parteiische Dramaturgie auf, die sich kurz vor einer Wahl tendenziell gegen eine einzige Partei gerichtet hatte. Nun gibt es zusätzlich Vorwürfe der Irreführung an die Produktion bezüglich eines in der Sendung als „normaler Bürger“ präsentierten Gastes. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Ist die AfD eigentlich ein Problem?“, fragte die am Montag ausgestrahlte ARD-Sendung „Die 100“. Eine ganze Sendung, die sich kurz vor einer Landtagswahl zumindest tendenziell gegen eine der teilnehmenden Parteien richtet, ist bereits von Grundsatz her fragwürdig und verstößt in meinen Augen gegen das Neutralitätsgebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR).

Erschwerend zum bereits parteiischen und damit dem ÖRR eigentlich nicht gestatteten Grundcharakter der Sendung kommt hinzu, dass es nun Berichte über angebliche Manipulationen in der Sendung gibt, etwa was die Auswahl eines in der Sendung auftretenden „ganz normalen Bürgers“ betrifft.

So schreibt aktuell die Berliner Zeitung von einer „massiven Täuschung bei ARD-Sendung: Klimaaktivist als Moderator, Bürokaufmann ist Schauspieler“. Kurz vor den Wahlen in Brandenburg habe die ARD eine Diskussion neutraler Bürger „simuliert”. Doch nun würden immer mehr Teilnehmer als Parteipolitiker und Schauspieler enttarnt. In dem Artikel gibt es weitere Details und es wird auch das Prinzip der Sendung geschildert. Der Spiegel fragt:

Der Verdacht liegt nahe: Hat die ARD womöglich einen Mann dafür bezahlt, dass er sich im Verlauf der Sendung von einem vermeintlichen Anhänger zu einem geläuterten AfD-Gegner entwickelte? Fingierte der Sender einen Erkenntnisprozess, den es so nie gegeben hatte – um die politische Meinungsbildung zu beeinflussen?

Bastian Barucker hat eine aktuell besonders diskutierte Szene aus der Sendung auf X geschildert, in der ein manchmal auch als Laiendarsteller arbeitender Mann in der Sendung als normaler Bürger auftritt, der seine Meinung über die AfD während und durch die Sendung geändert habe:

NDR sagt, der Mann sei weder engagiert noch bezahlt gewesen

Zu dem Vorgang gibt es widersprüchliche Aussagen. So schreibt die FAZ:

Der Sender weist die Vorwürfe gegenüber der F.A.Z. zurück. Der Mann sei weder engagiert noch bezahlt gewesen.“

Der oben zitierte Spiegel-Artikel gibt den betreffenden Mann folgendermaßen wieder:

Der 54-Jährige versichert: ‚Ich bin nicht gekauft worden!‘ Für seinen Auftritt in der Sendung habe er kein Geld bekommen, nicht mal eine Aufwandsentschädigung. Die Produktionsfirma übernehme zwar Kosten für die Anreise, sofern diese weiter als 250 Kilometer sei. Und auch ein Hotel werde bis 75 Euro die Nacht übernommen. Aber Geld habe er nicht bekommen. Auch sei er nicht engagiert worden, um eine bestimmte politische Meinung zu vertreten.

Beim Medium Nius heißt es:

Der zuständige NDR antwortete: ‚Der Norddeutsche Rundfunk weist die erhobenen Vorwürfe zur Produktion ‚Die 100‘ als falsch zurück. Es werden keine Darstellerinnen oder Darsteller eingesetzt.’ Kurz darauf stellte sich jedoch heraus, dass der NDR offenbar die Unwahrheit gesagt hatte, denn ein zweiter Laienschauspieler nahm ebenfalls an der Sendung teil, der zudem bei der gleichen Jobbörse Stagepool einen Web-Auftritt hat.“

Beim Redaktionsnetzwerk Deutschland heißt es:

Der NDR erläuterte hingegen: ‚Im Mittelpunkt der Sendung stehen Menschen aus der Bevölkerung, die frei ihre Meinung äußern. Jede und jeder kann sich für die Teilnahme an der Sendung bewerben.’ Zum Ablauf hieß es weiter: ‚Die Teilnehmenden erfahren erst kurz vor der Aufzeichnung der Sendung, welches Thema behandelt wird. Der NDR schließt keine Menschen aus, die als Privatperson teilnehmen – auch nicht aufgrund von Nebentätigkeiten im darstellenden Bereich.’

Der Vorgang muss geklärt werden – wenn sich die vorgeworfenen Manipulationen wirklich so zugetragen haben, dann wäre das ein weiterer Skandal beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der sich in eine lange Reihe einfügt.

Bei der kommenden Landtagswahl in Brandenburg spricht die im Zentrum der Sendung stehende AfD laut Umfragen viele Bürger an – auch und vor allem, weil CDU, SPD, Grüne, FDP und LINKE durch inakzeptable Politik und ihrem Auftreten in den letzten Jahren vielen Bürgern das ausweglose Gefühl vermittelt haben, dass die AfD eine der letzten Möglichkeiten einer Notwehr gegen „grün”-militaristische Schocktherapien darstellen könnte. Dieser Entwicklung kann nur gute und bürgernahe Politik entgegengesetzt werden – parteiische TV-Sendungen wirken (auch unabhängig vom hier beschriebenen, konkreten Manipulationsverdacht) wahrscheinlich genau in die andere Richtung.

Titelbild: Screenshot ARD / Shutterstock