Ohne Titel ... oder von der Schwierigkeit eine Geschichte zu schreiben

Geschrieben am 05.01.2022
von Alexander Beer

Da saß er nun vor dem leeren weißen Blatt Papier. Tabula rasa quasi.

Er solle doch eine Geschichte schreiben, hatten sie gesagt.

Er könne es doch so gut, haben sie gesagt. E

s würde ihm gut tun, haben sie gesagt.

Und irgendwie war er auch selbst schuld, hat er doch eine Spur zu vorschnell behauptet, es wäre gar nicht so schwierig, wie man es sich immer so vorstellt. Einfach hinsetzen, den Stift in die Hand, den Pegasus satteln und ab geht die Post.

Ja, nee, so einfach ist es dann doch nicht. Zuerst muss mal eine Idee her. So ganz ohne Idee geht's ja dann doch nicht und die soll möglichst genial sein.

Klar, langweilig kann jeder, aber genial? Aber nur was ist genial? Keine Ahnung, mal Google fragen? Ach nee, dazu hat er jetzt keine Zeit. Musste er doch die verflixte Geschichte schreiben, nur was? Ihm wollte partout nichts einfallen.

Also zurück zum immer noch leeren Blatt Papier, das wartend vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Vielleicht ist es ja auch in der Umgebung, dass ihm irgendwie nichts einfallen will, dachte er bei sich oder am Stift?

So ein Stift kann viel zum Gelingen einer Geschichte beitragen, Größe, Form, Gewicht, wie fühlt er sich an? Alles Eigenschaften, die Einfluss haben. Aber trotzdem braucht es erstmal eine Idee. Und die will einfach nicht kommen, diese Idee, dieser Funke, der da sein sollte, der überspringende Funke oder doch der springende Punkt, der Kasus Knacktus, wie jetzt Kaktus?

Seine Gedanken schweiften ab. Konzentration der Herr, Gedanken sammeln, Ideen finden, Geschichte schreiben! So einfach ist das.

Na gut, erst mal frische Luft schnappen. Könnte ja helfen. Also raus auf den Balkon, die besagte frische Luft schnappen. Verflixt die doofe Gardine hakt und lässt sich nicht mehr zurückziehen, mal richtig dran zotteln, wird dann schon gehen. Mist, abgerissen. Ach, okay, fällt gar nicht auf.

Endlich nach dem Kampf mit der teuflischen Gardine, war er auf dem Balkon angekommen. Ja, nun ja, also mal ehrlich, da draußen ist auch nicht viel los, also wieder rein. Wieder an den Schreibtisch nachdenken.

Wie wäre es denn mit was Mystischem? Schon wieder Moses? Hatten wir schon. Perpetuum mobile, das absolute Vakuum? Gibt es auch schon alles.

Irgendwie und auf der Stelle muss jetzt sofort der Hammer her, der Knaller, der jeden umhaut.

Sein Blick wanderte etwas ratlos auf dem Schreibtisch umher. Doch da, was ist denn das? Das vorher noch leere Blatt hatte sich mit Zeichen gefüllt, doch eine mystische Kraft, die wie von Zauberhand das Blatt beschrieben hat? Oder war er es eventuell selbst gewesen, in Gedanken versunken und mit sich hadernd?

Völlig egal, das Blatt ist voll. Ach was, mehrere Blätter sogar.

Nach dem erfolgreichen Studium der dort verewigten Zeichen, konnte man sogar einen Sinn erkennen, nicht wirklich eine Handlung, aber dennoch eine kurze Geschichte. Und das war das Ziel, eine Geschichte schreiben.

Jetzt fehlt nur noch der passende Titel. Das gehört sich ja so. Ihnen wollte partout nichts einfallen.

Tabula Rasa quasi.